Ein kleiner Bericht des Besuchs der Schule im letzten Mai durch Florine. Die Schule ist in einem sehr guten Zustand und das Team wie immer sehr motiviert. In den fünf Tagen in Manaus – im Unterricht der Kinder, auf den Familienbesuchen, im Gespräch mit den Lehrerinnen etc. – konnte Florine wichtige Eindrücke und Erkenntnisse sammeln.
SCHULE
Die Schule ist in einem sehr gutem Zustand. Wände neu gestrichen und sehr aufgeräumt (auch in der Küche). Zimmer schön verziert.
Es gibt 30 neue Stühle, welche vom Supermercado «Baratão da Carne» gespendet wurden.
Die AFA ist jetzt auch eine Ölsammelstelle. Sie sammeln altes Öl und bekommen für das etwas. Gute Recycling Idee!
Registrierung der Kinder wird sehr genau gemacht. Auch viele Informationen über die sozialen Strukturen, in welchen die Kinder leben. Ein ganzer Fragebogen mit Fragen zur Wohnsituation, Lohn der Bezugspersonen, Geschwister, weitere Personen im Haushalt etc. Zusätzlich müssen sie folgende Dokumente abgeben (Kopie): CPF (Versichertennummer), Geburtsausweis, Dokumente des Kindes und der verantwortlichen Person, Impfausweis.
UNTERRICHT
Die Kinder, die für den Morgen eingeschrieben sind, kommen oft nicht sehr zahlreich. Das Problem ist, dass sie nicht von den Eltern geweckt werden und sich teilweise niemand um sie kümmert. Am Nachmittag hat es immer viel mehr Kinder in den Klassen. Familienbesuche und Gespräche mit den Eltern können hier helfen. Zudem wir Maria ein Anreizsystem einführen – auf meinen Vorschlag hin. Unter allen Eltern, die ihre Kinder regelmässig in den Unterricht schicken, werden einmal im Monat zwei Essenkörbe verlost.
Jede Lehrerin ist pro Fach (Mathematik und Portugiesisch) einmal in einem der klassischen Schulzimmer im EG und einmal in einem der Zimmer im UG. Dort hat es keine Stühle, dafür Lernspiele und Kissen. Es gibt dort z.B. Lesestunden, in welchen die Kinder mit der Lehrerin lesen üben oder spielerisches Rechnen mit Bällen o.ä.
Wie die Lehrerinnen erzählen, kommen viele Kinder zur AFA, die anfänglich grosse Schwierigkeiten entweder im Rechnen, Schreiben oder Lesen haben. Durch die sehr enge Betreuung (welche in den öffentlichen Schulen fehlt) kommt es in den meisten Fällen sehr schnell zu Fortschritten.
Ich habe mit drei ehemaligen Schülerinnen der AFA ein Interview geführt und alle haben bestätigt, wie wichtig die AFA für sie war. Einerseits haben sie in der AFA besser und schneller Rechnen, Lesen und Schreiben gelernt und andererseits hat die AFA sie auf das Leben vorbereitet. Alle fühlten sich sehr gut aufgehoben in der Schule.
PROJEKTE
Das Projekt OASIS wurde von einem Freund von Maria entworfen. Zwei Mal wöchentlich wird mit Jugendlichen gearbeitet. Insgesamt sind es 6 Themen: Politik und Recht Brasilien, Umweltschutz, Gesundheit, Unternehmertum, Projektentwicklung (Vorgehen, Hilfsmittel etc), soziales Unternehmertum. Die letzten drei Themen sehe ich als sehr wichtig, da es den Jugendlichen unter Umständen helfen soll eine eigene Tätigkeit aufzubauen und damit Geld zu verdienen. Ein paar von der Gruppe verkaufen bereits Kleider oder Süsswaren.
Ein neues Gartenprojekt soll als Teil von OASIS (Thema Umweltschutz) hat vor kurzem gestartet.
Computerprojekt «Descarte Correto»gibt es nicht mehr. 600 Reais hat die Miete der alten Computer, welche aus Computerabfällen wieder zusammengebaut werden, gekostet. Das ist ein sehr hoher Betrag für die AFA und auch wenn die Idee des Computerrecyclings super ist, sind diese alten Geräte nicht mehr zeitgerecht.
DasNähmaschinenprojekt soll mit Geld vom Staat wieder auf die Beine gestellt werden. Maria hat das Projekt schon eingereicht und es wurde gutgeheissen. Zuständige Behörde: Semtrad, Secretaria Municipal do Trabalho, Emprego e Desenvolvimento.
LOKALE UNTERSTÜTZUNG
Baratão da Carne unterstützt die AFA jetzt mit 2000 BRL pro Monat. Zusammen mit Maria haben wir die Dona Adriana, welche die Supermarktkette zusammen mit ihrem Mann führt, besucht. Beeindruckende Frau! Sie haben vor 20 Jahren angefangen und besitzen in der Zwischenzeit 5 grosse Filialen mit mehreren tausend Angestellten. Das Ziel des Besuchs war ihr klar zu machen, dass es sich bei der AFA um ein vertrauenswürdiges Projekt handelt bzw. dass es auch andere Parteien gibt, welche die Schule unterstützen. Der Besuch war meines Erachtens ein Erfolg. Dona Adriana hat sich sehr gefreut.
Nach dem Besuch habe ich zusammen mit Maria Seifen, Putzmittel, Shampoo, Waschmittel etc gekauft. Diese Sachen kann sie den cestas basicas (Lebensmittelkörben) beilegen, welche sie den ärmsten Familien von Zeit zu Zeit abgibt.
GEMEINSCHAFT
Die Familienbesuche haben mir in Erinnerung gerufen, dass einige Kinder aus wirklich sehr armen Verhältnissen kommen. Wir waren bei einer Familie, bei welcher über 10 Personen in diesem kleinen Raum wohnen. Eigentlich einem Zimmer. Es hat ein 140m breites Bett und Hängematten. Einen Tisch oder ein Badezimmer gibt es nicht. Für die Kinder gibt es keinen Raum zuhause um Hausaufgaben zu machen.
Bei Dona Francisca hat mir mangelnde Hygiene Sorgen gemacht. In diesem Haus ist es nicht nur unordentlich, sondern auch sehr schmutzig und Dona Francisca selber sieht krank aus. Sie und ihr Mann (beides Analphabeter, die jedoch regelmässig in den Alphabetisierungskurs gehen) haben zwei Kinder im Primarschulalter. Beide arbeiten nicht.
Es ist mir auch wieder aufgefallen, wie viele Mädchen noch im Kindesalter schwanger werden. Da es so viele Beispiele gibt, ist es schon fast normal, wenn man mit 14 schwanger wird. Die Jugendlichen sind für die AFA die schwierigsten Schüler. In diesem von Gewalt und Drogen geprägtem sozialen Umfeld geraten sie in diesem Alter sehr schnell auf eine falsche Bahn. Umso wichtiger ist deshalb das Projekt OASIS. Ob Celina die richtige Person dafür ist, ist noch nicht gewiss. Maria wird das in den nächsten Wochen entscheiden. Es braucht hier fast eine Sozialarbeitern, eine Vertrauensperson für diese Jugendlichen.
Bei den Familienbesuchen habe ich mit eigenen Augen gesehen, was Maria für eine Respektperson ist. Es wird ihr zugehört und sie kann sehr gut mit den Leuten reden. Sie merkt auch schnell, wenn etwas nicht stimmt.
WEITERE INFOS UND FAZIT BESUCH
Ich konnte mich während meines Besuchs sehr viel und ehrlich mit Maria austauschen. Sie ist unglaublich! Was diese Frau alles macht und immer so positiv eingestellt. Sie ist auch eine gute Schulleiterin. Sie ist streng mit den Lehrerinnen und sehr direkt (was eigentlich nicht der brasilianischen Kultur entspricht). Ich war bei einigen Gesprächen dabei und es wird direkt alles auf den Punkt gebracht.
Sie hat den Lehrerinnen sehr klar gesagt, dass die Wochenplanung und vor allem danach die Auswertung und die Beurteilung aller Schüler wieder genauer gemacht werden muss. Sie sollten auch monatliche Reports schreiben, welche Lucía dann zusammenstellen und mir weiterleiten kann, damit ich ebenfalls über die Tätigkeiten in der Schule informiert bin. Das wäre sehr wichtig. Ich habe Lucía bzw. dem Sekretariat einen alten Laptop mitgebracht (Verkauf alter Geräte bei Switzerland Global Enterprise).
Ich kann mir gut vorstellen, dass mein Besuch die Lehrerinnen motiviert. Nichtsdestotrotz habe ich auch realisiert, dass der aktuelle Lohn, welcher wir mit dem Verein finanzieren, sehr tief ist. Das grosse Ziel des Vereins muss ein Mindestlohn für alle Lehrerinnen sein, welche Vollzeit arbeiten. Glücklicherweise kann Maria dank der Lebensmittelspenden alle Lehrerinnen mit einer grosszügigen Cesta Basica ausstatten. Das ersetzt einen Teil des fehlenden Lohns. Für dieses Jahr habe ich mir überlegt, dass unser Verein Ende Jahr (falls die Einnahmen weiterhin so gut laufen) jeder Lehrerin einen kleinen Bonus bezahlen könnten.
Florine, 4. Juni 2018